Die Schweiz hat endlich einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Die Hochrechnungen deuten auf ein klares Resultat hin. Jetzt zeigt eine erste repräsentative Umfrage zur Elternzeit in der Schweiz überraschend: Eine klare Mehrheit der Bevölkerung denkt bereits weiter und will die Einführung einer Elternzeit. Der Fokus liegt auf der Forderung nach mehr Gleichstellung – in der Familienarbeit und im Beruf.
Die repräsentative Umfrage des Instituts Demoscope (PDF) zeigt, dass für insgesamt 67% der Schweizer Bevölkerung die Diskussion mit zwei Wochen Vaterschaftsurlaub nicht abgeschlossen ist. Davon sagten 51% aus, dass die Diskussion jetzt weitergeführt werden soll, weitere 16% wollen eine weiterführende Diskussion, aber nicht sofort. Für 29% ist das Thema mit der Abstimmung erledigt. Bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 35 Jahren sind es insgesamt 62%, die die Diskussion jetzt weiterführen möchten.
Die Ergebnisse unterstreichen, dass der Griff zum Referendum gegen den zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub unnötig war. Es zeigt aber auch, dass der Bundesrat und das Parlament mit ihrem Gegenvorschlag an der Bevölkerung vorbei politisiert hat: Die Schweizer Bürger*innen wollen jetzt mehr.
Insgesamt sind 63% der befragten Bürgerinnen und Bürger bereit, eine Elternzeit in 5 bis 10 Jahren einzuführen. 35% haben die Frage mit «Ja sicher» beantwortet, weitere 28% sagten «Eher Ja». Nur 14% haben ausgesagt, sie wollen in 5 bis 10 Jahren sicher keine Elternzeit einführen. Bei Frauen liegt der Ja-Anteil bei total 68% bei Befragten aus der Westschweiz bei 74% und bei jungen Erwachsenen aus der ganzen Schweiz von 18-35 Jahre gar bei satten 78%!
Die Einführung einer Elternzeit hat damit starken Rückhalt in der Bevölkerung, insbesondere bei Frauen, jungen Erwachsenen und in der Westschweiz. Interessanterweise gibt es kaum einen Graben zwischen urbanen und ländlichen Bevölkerung. Die stetige ablehnende Haltung von Bundesrat und Parlament gegenüber verschiedener Vorstösse zur Elternzeit in den letzten Jahren macht den Aufbau einer breit abgestützten Bewegung und für eine Volksinitiative Elternzeit notwendig, um genügend Druck aufzubauen und eine Elternzeit einzuführen.
Gleichstellung im Fokus
75% aller Befragten bestätigten in der Befragung, dass die Einführung einer Elternzeit ein wirksames Mittel für mehr Gleichstellung zwischen Mann und Frau ist. Auf die Frage, welche Argumente am meisten für die Einführung einer Elternzeit sprechen, gaben die meisten Befragten (52%) zur Antwort, dass sie die Einführung einer Elternzeit unterstützen, weil diese zur Gleichstellung zwischen Mann und Frau bei Familie und Arbeitsmarkt beiträgt.
Folgende weitere Gründe sprachen für die Befragten für eine Einführung:
37% gaben als Unterstützungsgrund an, dass Elternzeit zur Entlastung der Familien beiträgt und damit Eltern mehr Zeit für ihre kleinen Kinder haben.
33% gaben an, dass Elternzeit besonders Vätern ermögliche, mehr Verantwortung in Familien zu übernehmen.
27% fanden, dass Elternzeit zur besseren Entwicklung von Kindern beiträgt.
16% gaben an, dass sie Elternzeit unterstützen weil die Erwerbsbeteiligung von Frauen in der Wirtschaft erhöht und damit Unternehmen und Wirtschaft profitieren.
Weitere 13% meinten, dass die Schweiz beim Thema Elternzeit im Europa-Vergleich hinterherhinkt und deshalb aufholen muss.
Vorschlag für paritätische Elternzeit mit 32 Wochen
Der grösste Teil der Befragten (37%) wünscht sich eine Elternzeit von 32 Wochen.
Weitere 20% gaben an, dass die Elternzeit weniger als 16 Wochen betragen sollte, total also weniger als 32 Wochen.
13% der Befragten gaben an, dass die Elternzeit 22 Wochen betragen sollte, total also 38 Wochen. Dies ist das von der Eidgenössischen Kommission für Familienfragen (EKFF) vorgeschlagene Modell.Weitere 14% sagten aus, dass die Elternzeit mehr als 22 Wochen betragen sollte.
Che Wagner, Projektleiter Elternzeit, Public Beta
Die Umfrage wurde von Demoscope AG im Auftrag von Public Beta im September 2020 durchgeführt. Es wurden 1'036 Interviews geführt, darunter waren 987 Personen stimmberechtigt. Die Messgenauigkeit beträgt +/-3%.
Mehr Informationen: http://elternzeit.jetzt